Eine neue Perspektive auf Eros: Mehr als nur Sexualität

Was verstehe ich unter Eros als Lebensstil? Eros ist für mich nicht unbedingt in erster Linie, was die meisten wahrscheinlich darunter verstehen, etwas, was mit Sexualität zu tun hat. 

Vielmehr ist es für mich das Verständnis, dass wir in einem Körper leben, der über die Sinne das Leben wahrnimmt. Über den sechsten Sinn und über die anderen. Das Hören, das Riechen, das Fühlen, das Schmecken und das Sehen usw. Diese Tatsache können wir nicht überschreiten. Wir sind sinnliche Wesen, wir nehmen über den Körper wahr. 

Wenn wir eine vertiefte Wahrnehmung haben, wenn wir zurückkommen in unser instinkthaftes Sein, das verbunden ist mit unserem Denken, da entsteht durch alchemistische Body-Electricity-Praktiken eine Verbindung zwischen Verstand, Geist, Herz, unseren Gefühlen und unserem Puls, die instinkthafte Seite unseres Körpers, die uns angibt. Ja, nein, vielleicht, jetzt noch nicht, jetzt schon usw.

Wenn wir einmal unsere Prägung oder Sozialisation ins Fließen gebracht haben, alle Sollte und Müsste und Rollen und Klischees einmal infrage gestellt haben, auch in dieses genuine, präsente Sein kommen, jenseits von Mann und Frau, dann entwickeln wir ein Bewusstsein, eine Fähigkeit, präsent zu sein, authentisch, wahrhaftig, in Echtzeit zu sein. 

Das hilft uns, tiefere Verbundenheit, mehr Sinn zu finden im Leben, aber auch eine bessere Stimmung zu Hause, in einem Arbeitsverhältnis, in einer Schulklasse, in einer Firma zu entwickeln.

Und Eros bringt uns zurück in eine Körperweisheit, verbindet unsere Seele mit dieser Körperweisheit, und in meinem Empfinden ist das ein hochsinnlicher Zustand. Aber eben, wie gesagt, das hat nichts mit Sexualität zu tun, sondern mit einem Zustand, in dem wir uns vollkommen lebendig fühlen, vollkommen über die Sinne alles wahrnehmen, vollkommen in jedem Moment Ja sagen können zu etwas, Nein sagen können zu etwas. Wir haben eine Sprache für das, was wir empfinden, wir haben Interesse und eine Kapazität, den anderen zu empfangen in seiner Wahrheit, ohne dass wir gleich getriggert sind oder kollabieren in Opfer-, Täter- oder Retterrollen.

Darum finde ich Eros als Lebensstil etwas, das uns eine neue Perspektive für die Zukunft gibt. 

Natürlich beeinflusst es auch die intimsten Bereiche des Lebens eines Menschen, weil auch Sexualität, vor allem durch die Pornografie, so weit weg ist von ihrer tiefsten, natürlichsten, respektvollsten Qualität, die sie uns bieten kann. Und ich rede da überhaupt nicht von tantrischen Ideologien, gar nichts. Wenn wir mal alles weglassen und auf die reine Begegnung gehen, wirklich reine Begegnung, nicht "ich bin Frau, du bist Mann", oder "du bist jetzt Shakti, der Shiva", oder "du bist jetzt der Gebende und ich die Empfangende", sondern schlichtweg: Stell dir einfach vor, zwei Körper begegnen einander, ohne diese Geschichten. Und beide Menschen haben einen entspannten, offenen Körper, der in Bewegung ist.

Eros ist freifließende Lebenskraft, also da ist nirgends eine Blockade oder Scham oder Schuld, es ist einfach eine offene Haltung. Die Lebensenergie fließt, der Atem fließt, wie auch immer, ohne gleichmäßig zu sagen, Männer atmen so und Frauen atmen so. Stell dir vor, was in diesem Moment geschieht. Wie authentisch diese Begegnung wird, jenseits von Mann und Frau.

Stell dir vor, jeder dieser beiden Menschen bringt sein volles Bewusstsein, seine Verspieltheit, seine instinktive Seite mit. Anstatt zu geben und zu empfangen, bringen beide ihren Turn-on mit, ihre Verspieltheit, ihre Offenheit und Interesse für das Dritte, für das, was zwischen ihnen geschieht und so weiter.

Stell dir mal vor, wie solch eine Begegnung aussehen wird. Vielleicht ist sie nach zwei Minuten fertig, vielleicht dauert sie fünf Stunden, vielleicht erleben wir Gotteserfahrungen, vielleicht schlafen wir ein in diesem nährenden, orangen, goldenen Licht, das uns heilt und verbindet auf Seelenebene. Und wenn wir keine Geschichten daraus kreieren, dem nicht beginnen, eine Bedeutung zu geben, sondern einfach weitermachen in diesem Puls an Wahrheit und Eros, dann erleben wir so eine andere Sexualität, Beziehungsebene, Körperlichkeit, die uns befreit von dieser Dunkelheit und Perversität, die Realität ist im Moment.

Und wo wir einander wirklich missbrauchen für die eigenen unbewussten Seiten. So, das wünsche ich mir. 

Darum habe ich diesen Slogan genommen: "Eros als Lebensstil", weil er ein großer Lehrer ist für mich und meiner Meinung nach ein zukunftsweisender Lehrer, der uns erhebt aus Geschichten, aus Projektionen und uns zurückbringt in eine Intelligenz – emotional, spirituell, körperlich, sexuell –, von der ich lange geträumt habe. Als ich ihr begegnet bin, habe ich gesagt, genau das ist meine Berufung. Ich möchte diese Wahrheit so simpel, minimalistisch und erlebbar rüberbringen, ohne dass wir wieder neue Geschichten kreieren.

Ah, das bedeutet jetzt, dass eine Frau immer so sein muss. Nein, die Wahrheit im Moment ist nicht geschlechterabhängig. Das möchte ich so sehr betonen. Wenn man natürlicherweise empfänglich ist, dann bringe ich das automatisch mit.

Das bedingt aber ein tiefes Körperbewusstsein, ein tiefes Bewusstsein, woher wir kommen, was uns geprägt hat, ein tiefes Bewusstsein für unseren Instinkt, in wirklich lernen, in der Tiefe zu spüren und zu fühlen, zu horchen, zu vertrauen. Ein tiefes, tiefes Schulen der Wahrnehmung des Gegenübers. Was geht hier genau ab? Und vor allem eine Intelligenz entwickeln für das Dritte zwischen mir und dem Gegenüber. 

Was wir gemeinsam erschaffen: Die Bedeutung des Dritten in Beziehungen - Was ist es, was wir co-kreieren? Ist es eine Beziehung, ist es ein Projekt, ist es ein Team?

Beide Parteien müssen wach sein, bewusst sein, sich 100 % einbringen, klar kommunizieren, klare Grenzen setzen, keine Projektionen, keine Geschichten, nur diese Hingabe an das Dritte. Und dafür brauchen wir Skills, wir brauchen Fähigkeiten, wir müssen lernen, wie das geht. Das haben wir ganz bestimmt nicht von unseren Eltern gelernt. Und ich liebe diese Einfachheit, diese Prinzipien.

Eine Beziehungskultur, die für mich so simpel aufgebaut ist und so befreiend, weil so viele reifere Menschen sagen: "Beziehungen fühlen sich für mich an wie eine Belastung. Da bin ich diese Projektionsfläche für die unbewussten Themen des Gegenübers und dann fühle ich mich verantwortlich und dann fühle ich mich abhängig. Habe ich das Gefühl, dass ich verantwortlich bin für das Glück des Anderen und will das aber nicht. Dann habe ich Schuldgefühle und dann bin ich aber..." und so weiter.

Lass uns doch das mal anerkennen. Die meisten Menschen, die eine gewisse Reife haben, wollen diese Verstrickung nicht mehr. Und ich bin die Erste, die sagt, ich verstehe das, auch ich will das nicht. So, was dann? Wir können ein Leben lang allein bleiben. Das ist okay, das ist eine Wahl. Auch das, das hat nichts... Das ist eine Seelenentscheidung. Vielleicht ist eine Seele geboren. Mit der Wahrheit, ich komme, erkenne gewisse Dinge und entscheide mich, allein zu sein. Da habe ich gar nicht meine Meinung dazu zu sagen. Das ist auf Seelenebene bestimmt und die Person kann das selbst so entscheiden, wie sie es will.

Wenn das Alleinsein jedoch ein Schutzmechanismus ist oder ein bisschen ein Kollabieren, weil sie nicht weiß, wie es anders gehen könnte, dann freue ich mich darüber, aufzuzeigen, wie simpel eine Beziehungskultur sein kann, ohne dass wir wieder gewisse Ideologien oder Theorien daraus machen. Wir müssen nur die Fähigkeiten entwickeln, die es braucht, um diese Resonanz, dieses Gelingen möglich zu machen.

Ich bin mir sicher, dass es vieles schon gibt an ganz guten Leadership-Skills. Aber für mich, was da fehlt, wie du vielleicht erkennen kannst, ist: Wenn ich einen Leadership-Kurs mache, dann ist es weit weg oder meistens nicht verbunden mit der Körperwahrnehmung oder mit Eros. Wenn ich eine Weiterbildung mache in Eros und ich bin super in meinem Körperwahrnehmen, habe ich so viele Menschen kennengelernt, die dann im ganz normalen, realen Leben doch nicht fähig sind, ihre Wahrheit einzubringen und das auf eine Art, die eine Co-kreation möglich macht.

Die sind dann vielleicht im Opfer, oder sie geben dann auf oder kollabieren oder sind hochsensitiv. Das ist doch auch nicht das, was wir wollen, dass wir so sensitiv sind, dass wir ständig alles persönlich nehmen und kollabieren. Das ist nicht das, was ich meine. Und dann, nehmen wir mal an, das Körperbewusstsein ist da und die Leadership-Skills und Kommunikations-Skills, und dann ist diese Trennung zur Seele, dass man gar nicht angebunden ist mit der eigenen Geschichte, mit den eigenen Talenten und beginnt, eine Rolle zu spielen oder sich anzupassen oder unterzuordnen.

So, Seele, Körper und Geist gehören für mich zusammen. Und für das brenne ich, das ist meine Leidenschaft.

Warum Einfachheit der Schlüssel in einer komplexen Welt ist - Die Wege, die ich gefunden habe, sind außerordentlich simpel. In einer komplexen Welt, glaube ich, sehnen wir uns alle nach dieser Einfachheit, dass etwas wie Eins und Eins gibt Zwei quasi fast als Code übernehmen kannst und du lernen kannst, wie kann ich präsent sein, was heißt es, ein entspanntes Nervensystem zu haben, was heißt es, das Dritte wahrzunehmen, was heißt es, in Echtzeit ein Respond zu empfinden und danach zu handeln? In Echtzeit, im Alltag. 

Ich bin nicht interessiert daran, Menschen in Retreats in die höchsten Sphären zu begleiten, wenn sie dann im Alltag mitten in der Stadt in eine Konfliktsituation kommen und nicht reagieren können, weil sie verstummen, weil der Vater gesagt hat: "Du darfst nicht Nein sagen." Das ist für mich nicht relevant, nicht professionell, nicht, was wir brauchen. Wir brauchen nicht neue Erfahrungen jenseits des Alltags und dann können wir nicht funktionieren und schweben in irgendwelchen Dimensionen mitten im Alltag. Für mich ist echtes Erwachen möglichst überall die Person zu sein, die das Bewusstsein reinbringt und in Echtzeit wahrhaftig sein kann, und das braucht mehr als einfach schöne Erfahrungen.

Es braucht neue Erfahrungen, in denen unser Körper spürt, so ist es, so fühlt es sich an, wenn wir Nein sagen in Echtzeit, in einer Situation.

Echtes Nein sagen: Wie wir auf eine einladende Art Grenzen setzen

• Wie sage ich dieses Nein auf eine Art, die einlädt fürs Gelingen, fürs Dritte?
• Wie kann ich mir treu sein und kritisch denken und ohne die Verbindung abzubrechen oder den anderen kritisieren zu müssen?
• Wie kann ich den anderen so wahrnehmen, dass ich das Beste aus ihm heraushole, mit Fragen, mit Interesse?

Das fordert so viel Bewusstsein, Wahrheit, da können wir unser Gehirn nicht mit Alkohol abstumpfen, nicht mit Social Media abstumpfen, das geht nicht.

Das ist ein Entscheid, das sind Menschen, die bereit sind, eine Beziehungskultur oder ein bewusstes Leben zu leben, jenseits von Ideologien, von Kursen, von spirituellen Konzepten. Ich bin der Meinung, das ist bitternötig, wir brauchen das, wir sehnen uns danach. Und die Einfachheit hilft uns in dieser Komplexität, Schritte machen zu können, die uns nicht überfordern, wo wir nicht so grundsätzlich werden jedes Mal, sondern einfach sagen: Schau, die Situation ist so, das Dritte ist das, wie oder was können wir tun, damit es gelingt?